Dienstag, 17. Juni 2008

Was ist Arbeit? - nicht in falsche Dualismen geraten

Was mir auf die Nerven geht ist, dass in Bezug auf die Definition von Arbeit und Wirtschaft immer von falschen Dualismen die Rede ist: Entweder es geht unserer Wirtschaft gut oder den Menschen; Entweder wir produzieren genug oder wir schützen die Umwelt; Entweder wir profitieren oder die dritte Welt; Entweder ich ruiniere meine Gesundheit oder das Unternehmen geht pleite. Wie kann man einen Schritt zurückgehen und überlegen, wo die Debatte auf ein schiefes Gleis geraten ist und was notwendig wäre, um das alles wieder zusammenzudenken. Mögliche Wege und Ansatzpunkte dafür wären:

* Arbeit und Einkommen getrennt denken. Die Trennung ist schon Realität, wie wir am Beispiel von Bergsteigern, Prostituierten oder Aktionären sehen können. Ein politischer Vorschlag dazu ist die Einführung einer bedingungslosen Grundeinkommens (vgl. http://www.gutesleben.org/), das, anders als etwa die Forderung nach einem Mindestlohn, nicht mehr die symbolische Forderung aufstellt, dass „jeder von seiner Arbeit leben können“ muss.

* Wenn nicht mehr Geld den Wert der Arbeit bemisst, können wir wieder freier über Notwendigkeiten nachdenken: Welche Arbeiten müssen gemacht werden, auch wenn es sich nicht „rechnet“? Diese Frage stellt sich insbesondere im Hinblick auf Pflege, Hausarbeit, Kindererziehung usw.

* Den Wert von Handeln und Herstellen als Formen menschlichen Tätigseins schätzen und nicht alles der Kategorie „Arbeit“ zuordnen. Gutes Leben geht über die Notwendigkeiten hinaus. Im Bereich des Herstellens geht es auch um „Überflüssiges“ (gute – nicht nur ausreichende – Qualität, Verzierung und Verschönerung). Im Bereich des Handelns geht es darum, zu sehen, dass zweckfreies Tätigsein im Hinblick auf den Sinn des Ganzen gefragt ist, nicht nur Streben nach Effizienz oder Antworten auf Notwendigkeiten.

* Die globale, flexibilisierte und technisierte Welt hat neue Erfordernisse mit sich gebracht, die sich nicht im Rahmen traditioneller Wirtschaftstheorien verstehen lassen. Alte Konfliktlinien (Arbeiter – Unternehmer, Frauen – Männer, erste Welt – dritte Welt) stimmen teilweise nicht mehr und helfen uns nicht, die Realität zu verstehen.

Dies ist das Resumée eines Vortrags, den ich im April bei einer Tagung des Bayersischen Historikerinnen-Netzwerkes gehalten habe. Der vollständige Vortrag steht hier:
http://www.antjeschrupp.de/was_ist_arbeit.htm

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