Montag, 29. Oktober 2007

Feministischer Streit über Religiosität

Im Internetforum „beziehungsweise weiterdenken“, das Anfang des Jahres gestartet ist, hatten wir im Frühjahr eine Auseinandersetzung über weibliche Spiritualität. Das Thema ist ja geradezu ein Klassiker inner-feministischer Streitigkeiten: Unterscheidet sich weibliche von männlicher Spiritualität und wenn ja, wie? Können etablierte, patriarchale Religionen feministisch umgestaltet werden oder machen sich Frauen dadurch mitschuldig? Sind matriarchale Göttinnen-Vorstellungen ein besserer Weg oder können sie Geschlechtsrollenklischees begünstigen? Schnell waren bei unserer Mailinglisten-Debatte die Emotionen geladen, der Ton wurde rauer. „Als dieser Streit so plötzlich und unerwartet aufflammte, konnte ich besser nachvollziehen, warum Religionskonflikte oft schnell so heftig werden. Es geschah nicht irgendwo weit weg von unserer Zivilisation, im Irak, in Indien oder in Afrika, sondern hier bei uns, in einer Redaktion einer Zeitung für Philosophie und Politik.“ schreibt Dorothee Markert, auf deren Anregung hin wir uns entschlossen haben, diese Diskussion öffentlich zu machen. Denn immerhin hatten wir uns ja vorgenommen, in unserem Forum gerade auch Konflikte und Differenzen unter Frauen zu thematisieren.

Den Text „Weibliche Spiritualität ist…“ findet Ihr hier: http://www.bzw-weiterdenken.de/artikel-8-88.htm - es gab darauf auch schon einige interessante Zuschriften, zu denen führt ein Link am Ende des Textes. Mit dem Thema „Aneinander geraten. Konflikte und Fraktionen im deutschen Feminismus“ beschäftigt sich auch ein älterer Artikel von mir: http://www.bzw-weiterdenken.de/artikel-2-5.htm

Mittwoch, 10. Oktober 2007

„Methusalems Mütter“ auf Englisch

Mit ihrem Lob für nationalsozialistische Familienpolitik hat sich Eva Herman ja nun endgültig ins Aus katapultiert. Der Ausrutscher ist aber vielleicht nicht so zufällig, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Denn tatsächlich könnte das eine Erklärung für die in der Demografiedebatte oft als so „komplex“ geschilderte Frage sein, warum sich die industrialisierten westlichen Länder in zwei Gruppen spalten, eine mit einer niedrigen Geburtenrate (Deutschland, Österreich, Italien, Spanien, Griechenland), und eine mit einer hohen (Frankreich, USA, England, Skandinavien). Der Unterschied liegt nicht in der Religion – in beiden Gruppen sind evangelische wie katholische Länder – und auch nicht im Sozialstaat – in beiden Gruppen sind neoliberale und stark wohlfahrtsstaatliche Länder vertreten. Der Unterschied ist vielmehr: Alle Länder der ersten Gruppe haben eine faschistisch-nationalsozialistische Vergangenheit, aber kein Land aus der zweiten Gruppe.

Im September gab es zum Thema „Women in an ageing Europe“ eine Tagung in der Evangelischen Akademie Bad Boll, und es war sehr interessant, Berichte aus den verschiedenen Ländern zu hören. Familienpolitisch gesehen sind die skandinavischen Länder tatsächlich sehr paradiesisch – übrigens nicht nur, was die direkten Hilfen für Mütter und Väter betrifft, sondern auch arbeitspolitisch: In Finnland zum Beispiel haben alle Angestellten alle fünf Jahre die Möglichkeit eines Sabbatjahres. Anlässlich dieser Tagung habe ich die grundlegenden Thesen aus meinem Buch „Methusalems Mütter“ nun auch in Englisch aufgeschrieben. Vielleicht ist das in dem einen oder anderen Zusammenhang nützlich.

Den Text findet ihr hier: http://www.antjeschrupp.de/methusalems_muetter_bad_boll_englisch.htm. Eine Möglichkeit, über das Buch zu diskutieren gibt es am Freitag, 19. Oktober, um 18 Uhr im Evangelischen Frauenbegegnungszentrum in Frankfurt, Saalgasse 15. Ich würde mich freuen, die eine oder andere von euch dort zu treffen!

Montag, 24. September 2007

Neues Buch zum Thema Grundeinkommen

„Grundeinkommen. Soziale Sicherheit ohne Arbeit“ ist der Titel eines neuen Buches, das soeben im Deutecke-Verlag erschienen ist. In dem von Andreas Exner, Werner Rätz und Birgit Zenker herausgegebenen Sammelband geht es nicht so sehr um die verschiedenen Modelle, ihre Finanzierbarkeit oder politische Umsetzbarkeit, sondern eher um die theoretischen und kulturellen Grundlagen dieser Debatte. Von mir ist ein Aufsatz drin zum Thema „Grundeinkommen zwischen Selbstverwirklichung und traditioneller Hausarbeit“, in dem ich vor allem auf die Notwendigkeit hinweise, im Kontext dieser Debatte auch zu diskutieren, wie wir künftig Care- und Fürsorgearbeiten (Kindererziehung, Pflege) organisieren wollen.

Das Buch ist 288 Seiten dick und kostet 21,50 Euro. Weitere Autorinnen und Autoren darin sind Volker Koehnen, Dagmar Paternoga, Heinz Steinert, Götz Werner, Astrid Kraus, André Gorz, Christa Wichterich, Andreas Exner u .v.a. Ein Vortrag von mir zum Thema steht auf http://www.antjeschrupp.de/grundeinkommen.htm, ein gemeinsam mit anderen verfasstes Thesenpapier auf www.gutesleben.org.

Mittwoch, 19. September 2007

Individualität versus Solidarität? – eine falsche Alternative!

Simone Weil hat einmal gesagt, es gebe Dinge, die seien auf einer bestimmten Ebene wahr und auf einer anderen Ebene falsch. Genau das habe ich empfunden, als ich in den vergangenen Wochen die Kontroverse in der „taz“ zwischen „alten“ Solidaritätsfeministinnen und „neuen“ F-Klasse-Vertreterinnen verfolgte. Auf der einen Seite Ute Gerhard und Sabine Hark, die gegen den Individualismus der neuen Erfolgs-Feministinnen für ein politisches Konzept plädierten, das Ungerechtigkeiten und Benachteiligung der weniger Erfolgreichen berücksichtigt. Auf der anderen Seite Katja Kullmann, die meinte, wir sollten endlich aufhören, von erfolgreichen Frauen Moral und Rücksichtnahme einzuklagen. Frauen seien nun einmal unterschiedlich, und das sei gut so. Kaum jemand käme ja auch "auf die Idee, einen männlichen Top-Manager daraufhin abzuklopfen, ob er den auf der Strecke gebliebenen Hartz-IV-Oskar tagein tagaus im Herzen trägt." (Wieso eigentlich nicht?)

Natürlich hat Kullmann mit dem Hinweis auf die Differenz unter Frauen recht. Aber das ist ja keine neue Idee. Es ist bei ihr eben so ähnlich, wie ich es auch schon an Thea Dorn kritisiert habe - und übrigens ist das ein Punkt, den die neuen Individual-Feministinnen mit ihrer Hassgegnerin Eva Herman gemeinsam haben: Für den Feminismus interessieren sie sich nicht wirklich. Sie schreiben halt drüber, weil das grade ein Modethema ist. Was sie mal so gehört oder in der Zeitung gelesen haben, genügt ihnen für ihr Urteil. Bücher verkaufen sich sowieso viel besser, wenn wie voll ins Klischee greifen: "Jeder, wirklich jeder Aufsatz und jede Rede zum Thema mündet im Appell zu mehr Solidarität" behauptet Katja Kullmann dreist. Welche feministischen Aufsätze und Vorträge hat sie denn in letzter Zeit zur Kenntnis genommen? Viele können es nicht gewesen sein. Denn sonst wüsste sie, dass die Kritik am platten "Frauen-Wir" und das Nachdenken über die Unterschiede unter Frauen längst ganz zentral zu jeder feministischen Debatte dazu gehören.

Kullmanns Kritik am Solidaritätsdenken teile ich voll und ganz, das ist schließlich seit Jahren eines meiner wichtigsten Themen. Aber wenn das bedeutet, dass der Feminismus zur bloßen Lobbyinstanz für Karrierefrauen wird, läuft was schief. Die Alternative zur Solidarität ist nicht Individualismus und Ego-Streben, sondern die konkrete Beziehung zwischen Frauen, eine Beziehung, die nicht auf einer angeblichen Gleichheit, sondern gerade auf Anerkennung der Differenz beruht. Dass die Unterschiedlichkeit eine feministische Bereicherung ist, hat bereits Jenny Warnecke in der taz-Debatte betont: Die verschiedenen „Bindestrich-Feministinnen“ könnten sich gegenseitig ergänzen und die Vielfalt möglicher Wege deutlich machen. Doch das reicht nicht. Solange jede nur ihren eigenen Weg geht und die anderen dabei freundlich toleriert, bleibt es langweilig. Wirklich interessant wird es erst, wenn Frauen ihre Unterschiede und Differenzen auch thematisieren und diskutieren, wenn sie sich füreinander interessieren, sich gegenseitig kritisieren, wenn sie sich streiten und so möglicherweise etwas voneinander lernen. Ich bin überzeugt, dass aus den Konflikten zwischen Frauen Lösungen und Ideen hervorgehen können, auf die jede Einzelne für sich gar nicht gekommen wäre.

In einem meiner Vorträge über diese Praxis des „Affidamento“ (der Vorschlag kommt ursprünglich von italienischen Philosophinnen), des sich-Anvertrauens an eine Frau, die anders ist, habe ich geschrieben: „Es geht um den sehr revolutionären Gedanken, dass Freiheit nur möglich ist, wenn ich eine Beziehung habe zu einer, die wirklich anders ist als ich. Einer, mit der ich Differenzen habe. Einer anderen, die nicht nur einfach etwas besser kann, sondern die etwas tut, das mir neu ist, das ich bisher vielleicht sogar für falsch gehalten habe. Denn nur dieses wirklich Anders-sein der Anderen, diese echte Differenz, die nicht Diversity ist, sondern Konflikt, ermöglicht es mir, etwas wirklich Neues zu entdecken, meine eingefahrene Meinung zu verändern, aus vorgegebenen Denkmustern und Bahnen auszubrechen – Freiheit also.“ Wenn wir also verstehen, dass Freiheit nicht aus Egoismus entsteht und dass echte Beziehungen sowieso niemals kritiklose Solidarität meinen, sondern offen ausgetragene Differenz, dann brauchten wir uns auch nicht länger an alten Klischees über die Welt und über die Frauenbewegung abzuarbeiten.

Beiträge von mir zum Thema:
Affidamento. Oder: Warum (und wann) Beziehungen zwischen Frauen die Grundlage weiblicher Freiheit sind:
http://www.antjeschrupp.de/affidamento.htm
Autorität statt Solidarität:
http://www.antjeschrupp.de/autoritaet_statt_solidaritaet.htm
Zu Thea Dorns F-Klasse:
http://www.fr-online.de/in_und_ausland/kultur_und_medien/literatur/?em_cnt=1001844&

Und hier sind die Links zu der Diskussion in der taz:
Ute Gerhard: Feminismus braucht Solidarität -
http://www.taz.de/index.php?id=start&art=3534&id=kommentar-artikel&cHash=a0d6d4c659
Katja Kullmann: Begrabt Gabi Mustermann –
http://www.taz.de/index.php?id=start&art=3837&id=kommentar-artikel&cHash=9734fd790a
Sabine Hark: Die Privatisierung der Politik -
http://www.taz.de/index.php?id=kommentar-artikel&art=4149&no_cache=1
Jenny Warnecke: Der Bindestrich-Feminismus -
http://www.taz.de/index.php?id=digitaz-artikel&ressort=me&dig=2007/09/11/a0116&no_cache=1&src=GI

Freitag, 31. August 2007

Lesbischer Iranerin droht Abschiebung

Diese Nachricht habe ich eben von einer Freundin bekommen. Ein Berliner Gericht hat die Abschiebung einer 31jährigen lesbischen Iranerin beschlossen, obwohl diese von einem iranischen Gericht in Abwesenheit aufgrund ihrer sexuellen Orientierung zum Tode verurteilt worden ist. Das deutsche Gericht beruft sich bei ihrer Entscheidung auf ein Gespräch mit Beamten des deutschen Außenministeriums mit der im Iran lebenden Mutter der Betroffenen, die aus Angst abgestritten hat, dass ihre Tochter lesbisch sei. Mit der Ignoranz gegenüber dem von den Anwälten nachgewiesenen Todesurteil macht sich die deutsche Gerichtsbarkeit der Beihilfe zum Mord schuldig. Das Strafrecht der Islamischen Republik Iran ist eindeutig. Nach § 110 steht auf homosexuelle Handlungen die Todesstrafe. Auf explizit lesbische Handlungen 100 Peitschenhiebe. Nach der vierten Verurteilung ebenfalls die Todesstrafe. Die Tötungsart steht im Ermessen des religiösen Richters. Bei Jasmin wurde der Tod durch Steinigungbeschlossen. Unter Präsident Ahmadinejad hat der Tugendterror drastisch zugenommen. Im Mai hatte die iranische Sittenpolizei in Teheran über 1000 Männer festgenommen, die im Verdacht des „ungehörigen Verhaltens“ stehen, in Isfahan 87 Menschen, die konkret der Homosexualität beschuldigt werden. ... falls jemand an Innensenator Körting schreiben will (zum Beispiel mit der Bitte, keinesfalls eine Abschiebung von Jasmin K. zuzulassen), wäre dies die Adresse: senator@seninnsport.berlin.de

Montag, 20. August 2007

Ich will nicht die schönsten Sachen haben, sondern schöne!

Im Sommer war ich Wandern, unter anderem in Norditalien, und in unserer Ferienwohnung gab es einen Wanderführer mit dem Titel „Die 30 schönsten Wanderungen im Piemont“. Nun halte ich ja schön länger immer mal wieder Vorträge zum Thema Konkurrenz und war also gleich skeptisch: Vielleicht eignet sich der Piemont ja gar nicht zum Wandern und selbst die schönste Route führt nur über staubigen Dreck? Weil es hier überhaupt keine wirklich schönen Wanderstrecken gibt? Zum Glück war es so nicht. Aber trotzdem muss ich das mal klarstellen: Ich will nicht die schönsten Sachen haben, sondern schöne!

Um solche und weitere Gedanken zum Thema Konkurrenz, speziell auch Konkurrenz unter Frauen, geht es am Dienstag, 18. September, bei einem Vortrag bei der "Initiative Frauen, Leben und Arbeit in Mittelhessen" e.V., Altes Schloss, Brandplatz 2 (Netanya-Saal), 19 Uhr – vielleicht sieht man sich! Einen älteren Vortrag zum Thema könnt Ihr hier nachlesen: www.antjeschrupp.de/konkurrenz.htm.

Donnerstag, 9. August 2007

Die sexuelle Differenz im Nebel


Ist euch auch schon aufgefallen, dass der "Krieg der Geschlechter" inzwischen auf eine ziemlich schädliche Weise in der Welt herumwabert? Ich hab da mal das Bedürfnis, im Namen des Feminismus zu protestieren!


Über die Frage, wie die Beziehungen zwischen Frauen und Männern gestaltet werden können, diskutieren wir auch seit einiger Zeit im Internetforum http://www.bzw-weiterdenken.de/. Und in der aktuellen Ausgabe der Zeitung „Via Dogana“ des Mailänder Frauenbuchladens hat Traudel Sattler die Anregungen von Dorothee Markert aufgegriffen und kritisch weitergedacht. Was mich wiederum zu einem Artikel angeregt hat, in dem ich argumentiere, dass es bei all dem nicht um eine Frage von Schuld und Moral geht, sondern dass ein bewusst geführter "interkultureller Dialog" der Geschlechter vielmehr eine Notwendigkeit ist, wenn die Rede von der weiblichen Differenz heute einen Sinn haben soll.

Den Artikel mit der Überschrift „Die sexuelle Differenz im Nebel“ findet Ihr hier: http://www.bzw-weiterdenken.de/artikel-2-81.htm

Der schwierige Umgang mit dem Bösen - und mögliche Wege des Guten

Dem Bösen etwas entgegen zu setzen, ist schwierig. Denn die Gefahr ist groß – das zeigt die Geschichte wie auch die gegenwärtige Politik – im Widerstand oder beim Kampf gegen das Böse selbst zu problematischen Mitteln zu greifen. Feministische Philosophinnen haben vorgeschlagen, das Böse nicht zu bekriegen, sondern ihm auf andere Weise zu begegnen: Verfluchen, Klagen, Beten, Weggehen sind einige Möglichkeiten. Was heißt das konkret im Hinblick auf den Alltag und auf ethische Anliegen? Und welche Möglichkeiten gibt es, das das Gute zu tun – wenn sich das Gute nicht negativ vom Bösen herleiten lässt?

Zu diesem Thema gibt es am Mittwoch, 22. August, um 19 Uhr eine Diskussion im Evangelischen Frauenbegegnungszentrum in Frankfurt am Main (Saalgasse 15). Grundlage ist ein Vortrag, den ich vor einiger Zeit schon einmal gehalten habe, und den Ihr hier nachlesen könnt: http://www.antjeschrupp.de/das_boese.htm. Interessant dazu ist auch Hannah Arendts Abhandlung „Über das Böse“, die ich für die FR rezensiert habe: http://www.antjeschrupp.de/rez_arendt_das_boese.htm

Dienstag, 24. Juli 2007

Einige Fragen zu Schwarzers Antwort

Ja, was ist das für ein Gefühl, wenn der Feminismus so richtig „mitten in der Gesellschaft“ angekommen ist? So sehr, dass er dich an jeder Straßenecke vom Plakat herunter anlächelt: Da, eine von uns, in einer Reihe mit Ghandi und Galileo und Martin Luther King? Die eine, die so mutig gewesen ist, die Wahrheit zu sagen, während wir alle – ja, was eigentlich in den letzten dreißig Jahren gemacht haben? Kompromisse mit der Männergesellschaft? Nun, die Frage nach der Aufrichtigkeit des eigenen Handelns muss jede mit sich selbst und mit ihren Freundinnen ausmachen. Ich finde, die aktuelle Werbekampagne von Alice Schwarzer für die Bildzeitung sollte kein Anlass für moralische Tugendappelle sein, sondern für eine politische Analyse: Noch nie war es so augenfällig, im wahrsten Sinne des Wortes, dass der Gleichheitsfeminismus die Assimilation der Frauen an eine historisch männliche Kultur nicht nur zum Ziel hat, sondern dieses Ziel auch weitgehend erreicht hat. Und was kommt jetzt? „Die Antwort“ hat Alice Schwarzer ihr neues Buch genannt. Ich habe es gelesen, und mir sind dabei einige Fragen gekommen.

Meine Rezension findet Ihr hier: http://www.antjeschrupp.de/rez_schwarzer_die_antwort.htm

Montag, 23. Juli 2007

Die 17er-Beziehung

Neulich las ich in der bunten Presse eine Notiz, über die ich schmunzeln musste: Ein Mann aus Saudi-Arabien hielt um die Hand einer Frau an, einer Lehrerin – die jedoch wollte nur unter der Bedingung in die Ehe einwilligen, dass er gleichzeitig auch ihre beiden liebsten Kolleginnen und Freundinnen heiratet. Ich weiß natürlich nicht, ob das stimmt oder nur eine Ente war, aber die Idee erinnerte mich irgendwie an die Zeiten in meiner eigenen Jugend, als wir die 17-er-Beziehung propagierten. Wo sind sie eigentlich hin, die Zeiten, in denen wir noch in Frage stellten, dass das zweisame, monogame Paar die einzig mögliche verlässliche Beziehungsform ist? Müssen uns hier nun schon die Saudi-Arabierinnen auf die Sprünge helfen?

Mittwoch, 20. Juni 2007

Paris Hilton und der Zustand der Heldinnen

Fast kein Tag vergeht, wo mir nicht beim Aufpoppen der aol-Startseite die neuesten Neuigkeiten von Paris Hilton ins Auge springen. Und ich bin etwas ratlos. Früher haben wir doch mal Heldinnen verehrt, weil sie stark waren, weil sie sich was getraut haben, das wir uns niemals getraut hätten, weil sie sich ins Getümmel stürzten, wo wir uns lieber im Bett verkrochen hätten. Die für ihre Ideale sogar bereit waren, in den Knast zu gehen, wenn's sein musste. Und jetzt diese Faszination und diese Anteilnahme für eine Frau, deren geballte Ladung Dummheit und Wehleidigkeit jedenfalls mein Vorstellungsvermögen übersteigt. Sind das die Heldinnen von heute? Warum nur?

Sonntag, 17. Juni 2007

Methusalems Mütter als podcast

Letzten Freitag war ich im WDR 5 zu Gast in der "Redezeit". Das Interview über "Methusalems Mütter" kann man sich hier anhören: http://www.wdr5.de/sendungen/neugier_genuegt/913239.phtml

Montag, 28. Mai 2007

Das Ende der Piraten

Gestern abend war ich im Kino und finde, es muss unbedingt einen vierten Teil von Fluch der Karibik geben muss. Und zwar darum: http://www.bzw-weiterdenken.de/artikel-9-78.htm

Mittwoch, 23. Mai 2007

"Elternzeit" ist "Mütterzeit"

Eine Super-Jubelmeldung war dass heute: Seit Einführung des "Elterngeldes" hat sich die Zahl der Väter, die "Elternzeit" nehmen, verdoppelt, meldet das Statistische Bundesamt - von 3,5 auf sagenhafte 7 Prozent! Und von diesen wunderbaren 7 Prozent nimmt die Hälfte nur die zwei "Vätermonate" in Anspruch. Ich finde, wir sollten aus diesen Zahlen nun endlich die Konsequenz ziehen, und das "Elterngeld" als das benennen, was es ist: "Müttergeld". Denn der geschlechtsneutralisierende Neusprech verschleiert die Realität mehr, als er sie erhellt.

Freitag, 18. Mai 2007

Global mit Besen und Schrubber

Warum unsere Nachfrage nach cosmobilen Haushaltshilfen ein Politikum darstellt: Diesen Artikel von Maria S. Rerrich müsst Ihr unbedingt lesen - Le monde diplomatique, Mai 2007.
http://www.monde-diplomatique.de/pm/2007/05/11.mondeText1.artikel,a0058.idx,13

Mittwoch, 16. Mai 2007

Was in "Methusalems Mütter" fehlt

Bei den Vorbereitungen für anstehende Vorträge über das Älterwerden habe ich ein Zitat von Carolyn Heilbrun wieder gefunden, auf das ich vor einigen Jahren schon einmal gestoßen war, das ich aber in meinem Buch "Methusalems Mütter" dummerweise gar nicht aufgeführt habe (diese blöde Vergesslichkeit!). Deshalb möchte ich es wenigstens auf diesem Weg noch verbreiten: „Für die meisten Frauen bedeutet das Alter, meist mit Hilfe anderer Frauen, die Ankunft jener Freiheit, die die Männer schon immer hatten, die Frauen dagegen nie, und zwar vor allem die Freiheit, nicht länger die Bedürfnisse der anderen erfüllen zu müssen und nicht länger das Frausein repräsentieren zu müssen. Ich glaube nicht, dass der Tod die Chance haben sollte, uns zu erwischen, wie wir es uns auf unseren Sofas bequem gemacht haben. Wir müssen vielmehr die Sicherheit und die Vorteile, die wir aufgrund unserer Position erreicht haben, nutzen, um Risiken einzugehen, um Krach zu schlagen, um mutig zu sein, um unbequem zu werden. Die alte Frau muss erst noch entdeckt werden hinter all den Masken, die ihr nach herkömmlicher Meinung das Recht vorenthalten, noch eine Frau genannt zu werden. Vielleicht ist sie dann zum ersten Mal wirklich eine Frau.“ Carolyn Heilbrun ist vielleicht besser bekannt unter ihrem Pseudonym Amanda Cross, unter dem sie sehr schöne Krimis geschrieben hat – ein echter Lesetipp sind die!

Gelegenheit zur Diskussion über das Älterwerden, den demografischen Wandel und so weiter gibt es am Dienstag, 22. Mai, um 20 Uhr in der Melanchthon-Akademie in Köln (Kartäuserwall 24b) sowie am Donnerstag, 31. Mai, um 19.30 Uhr in Herford (Kreishaus, Amtshausstr. 3). Und hier noch ein Tipp für alle, die dort nicht hinkommen können: Letztens hat mich zu dem Thema ein Redakteur des Bayerischen Rundfunks interviewt für eine Radiosendung zum Demografie, die möglicherweise am Sonntag, 3. Juni, um 22 Uhr in B2 gesendet wird (ansonsten irgendwann anders in der Sendung „Zündfunk“, die immer sonntags um diese Zeit läuft).

Freitag, 11. Mai 2007

G8 in Heiligendamm

Massenweise Razzien. Ein 12 Kilometer langer Zaun. 16.000 Polizisten. Kostenpunkt: Hundert Millionen Euro Steuergelder. Heiligendamm ist eine Festung.

Mir kam grade eine ketzerische Idee: Wie wär's wenn kein einziger Demonstrant, keine einzige Demonstrantin dort auftauchte? Wenn wir die Bilder verweigern, an denen sie sich in den Redaktionen und zuhause aufgeilen? Wenn wir sagen: Macht euren Scheiß alleine, bei euch ist eh Hopfen und Malz verloren?

Mir fällt ein Abschnitt aus dem schönen SciFi-Roman Winterplanet von Ursula K. Le Guin ein: Gegen etwas opponieren, bedeutet, es zu erhalten. Man sagt hier: "Alle Wege führen nach Mishnory". Doch wenn man Mishnory den Rücken kehrt und es verlässt, ist man ganz eindeutig immer noch auf dem Weg nach Mishnory. Gegen Vulgarität opponieren bedeutet unvermeidlich, selbst vulgär zu sein. Nein, man muss woanders hingehen; man muss sich ein anderes Ziel setzen. Dann beschreitet man einen anderen Weg."

Lassen wir sie doch mit ihren Ritualen allein. Gehen wir anderswo hin.

Mittwoch, 9. Mai 2007

Wie wir in Zukunft arbeiten

In der aktuellen Ausgabe von http://www.brandeins.de/ gibt es einen interessanten Artikel über den Trend, Arbeitszeiten nicht mehr zu kontrollieren, sondern es den Angestellten selbst zu überlassen, wann und wo sie arbeiten (mit Mail und Handy kann man das ja von überall aus). "Große Freiheit" ist der Artikel überschrieben, und natürlich bedeutet es einen Gewinn an Freiheit, wenn ich nicht mehr jeden Tag acht Stunden am Schreibtisch sitzen muss, sondern arbeiten kann, wo und wann ich will. Natürlich muss die Arbeit geschafft werden - Ausreden, warum man was nicht geschafft hat, gelten nicht!
Wenn das so kommt (und der Trend dazu ist ja auch hierzulande längst unübersehbar) dann bedeutet das aber eine grundsätzliche Veränderung des Arbeitslebens. Im Prinzip ist es die Einführung der Akkordarbeit im Angestelltenleben. Nur die fittesten werden dann überleben, also die, die ihre Arbeit in relativ kurzer Zeit schaffen. Die Langsameren werden rausgekickt, oder sie müssen eben länger arbeiten, bis sie umfallen. Das heißt, es ist auch ein Programm zur Effizienzsteigerung: Acht Stunden am Schreibtisch sitzen reicht nicht mehr, es muss etwas geleistet werden. Im Prinzip ist das ja gut. Aber: Was passiert mit den Unfitten? Denen, die nicht aus Faulheit, sondern einfach so nicht schnell genug sind? Wer legt fest, wie viel Arbeit man an einem Tag schaffen muss? Es werden die Schnellsten und Besten sein, die hier das Maß vorgeben.
Deshalb muss eine solche totale Freiheit, die ich gut finde, auf der anderen Seite ein Grundeinkommen haben: Damit auch die Langsamen, die nicht so Smarten und Fitten, erstens Geld zum Leben haben und zweitens die Möglichkeit, vielleicht weniger zu arbeiten für entsprechend weniger Geld.

Sonntag, 22. April 2007

So ein Feminismus reicht nicht!

Gerade habe ich das neue Buch von Silvana Koch-Mehrin gelesen: „Schwestern. Streitschrift für einen neuen Feminismus“. Gut gemeint, aber viel zu kurz gesprungen! Denn Feminismus ist für mich viel mehr, als es den Frauen zu ermöglichen, sich mit voller Kraft in den Dienste der globalisierten Wirtschaft zu stellen. Meine Rezension von Koch-Mehrins Buch findet Ihr unter http://www.antjeschrupp.de/rez_koch-mehrin_schwestern.htm.

Auch ein neues Manuskript zum Thema Feminismus steht jetzt online – ein Vortrag zum 10. Jubiläum der Gleichstellungsstelle im Landkreis München: www.antjeschrupp.de/gleichstellung_lk_muenchen.htm.

Zu all dem gibt es übrigens in nächster Zeit Gelegenheit zum direkten Austausch:
- am Dienstag, 24. April, in Unna zum Thema „Frauen zurück an den Herd? Zukunft des Feminismus“ (19.30 Uhr, Kaminraum an der Paul-Gerhardt-Kirche in Unna-Königsborn, Fliederstr. 16),
- am Mittwoch, 25. April, in München zum Thema „Was ist weiblich?“ (20 Uhr, Frauenstudien e.V., Baumstraße 8 Rückgebäude)
- am Dienstag, 15. Mai, in Villingen zum Thema „Lila Pause? Von wegen! Perspektiven einer Politik für Geschlechtergerechtigkeit“ (19 Uhr, Heinrich Böll-Stiftung, Café im Franziskanermuseum, Rietstraße).

Dienstag, 17. April 2007

Frauen in Pflegeberufen: Über 90 Prozent

Nach einer aktuellen Statistik (Statistisches Bundesamt Wiesbaden, 3. April 2007) sind in allen pflegenden Berufen Frauen deutlich in der Überzahl. Von den 4,3 Millionen Beschäftigten in Gesundheitsberufen waren 3,1 Millionen Frauen (das sind 72,3 Prozent) - und das, obwohl hier sogar noch die Ärzte und Ärztinnen mitgerechnet sind, die zu 60 Prozent Männer sind. Die meisten Berufe hatten einen Frauenanteil von deutlich über 80 Prozent, etwa 87,7 Prozent in der ambulanten Pflege.